Auf der Suche nach Wahrheit: „Angst essen Seele auf!“


Gerade in der Welt der Wissenschaft wird diese Tugend über alles geschätzt. Und wem es gelingt, seine Mitstreiter zu überzeugen – natürlich über die Meinungen eines Gremiums – , der erhält auch Auszeichnungen für seine geistige Leistung.

Ist es denn nicht ganz allgemein ein Grundbedürfnis des Menschen, die Dinge zu hinterfragen? So gesehen hat sich doch jeder, der nachdenkt und anderen seine Erkenntnisse mitteilt, um den Fortschritt der Menschheit verdient gemacht. Weshalb aber schaut alle Welt auf die wissenschaftlichen Arbeiten? Sind sie wegen der Verpflichtung zur Dokumentation im Wahrheitsgehalt besser als die außerhalb dieses Betriebes der Institute geäußerte Erkenntnis zu einem Sachverhalt? Gegenwärtig wird über den Wert der Promotionen diskutiert. Nach den Bekanntwerden von Scheinleistungen und Plagiaten wächst der Zweifel an der Anerkennung eines akademischen Titels. Sogar in der eigenen Gruppe wird oft beklagt, dass der Doktor im medizinischen Wissensbereich eigentlich nebenbei und ohne besondere Anstrengung erworben wird. Die Naturwissenschaftler in Physik und Chemie studieren ohnehin länger und es wird dort ein sehr viel nachhaltigeres Duchhaltevermögen verlangt, wenn jemand erfolgreich promovieren will. Hinter der Hand wird von dieser Gruppe behauptet, dass ein Doktor der Medizin im Vergleich nur halbgebildet sei. Letztere aber sehen sich auch als „Naturwissenschaftler“ und geben offen zu, dass der menschliche Körper sehr komplex ist. Und dass sie nicht immer die Ursache einer Erkrankung benennen können. Und dann gilt in dieser sozialen Minderheit auch immer noch: Tradition muss sein! Eine Forderung der Eliten, die sich zur Verstärkung ihres privilegierten Anspruchs in Burschenschaften die Köpfe blutig schlagen. Ist dieses Verhalten noch zeitgemäß? Überzeugt es den wachen Verstand eines Zeitgenossen, der sich zwischen dem unentbehrlichen Handy und der Unvollkommenheit modernern Technik durch den Alltag schlägt? Antiquiert, würden manche meinen. Doch da sind immer noch Heerscharen von Bewunderern der Wissenschaftler. Deren „Wahrheiten“ wiegen mehr als die Botschaften der Konsumwirtschaft, die mit fragwürdiger Werbung durch ihre Verlogenheit längst sämtlichens Vertrauen der Käufer verloren hat. Ein Dilemma. Ja, gewiss, aber wo ist die Hoffnung und das Versprechen , die Dinge aufzuklären? Und wie lange noch hält der Glaube an die wissenschaftlichen Thesen?

Als erste Überlegung zu einem kritischen Verhalten stellt sich doch stets die Frage nach dem Vorteil. Dem eigenen und dem meiner engsten Freunde und Verwandten. Wer gibt denn freiwillig und mit einem Risko verbunden seine Position zur Vermarktung preis, um am Ende doch nur Spott, Hohn und alle finanziellen Nachteile zu erleiden? Es kann nur ein Dummer sein, der sich zur Wahrheit bekennt, so die Volksmeinung. Leider eine verkrustete Haltung, die allen Bestrebungen zur Veränderung und zum besseren Zusammenhalten in der Gesellschaft entgegenwirkt. Die Bereitschaft, das eigene Unvermögen, die eigenen Mängel in der Bildung und die Schwäche zur standhaften Verteidigung einer selbst gebildeten Ansicht zuzugeben, ist selten zu finden. Tut man es dennoch, wird man mit einem bedauernswerten Belächeln bedient.

Wer so dumm ist, sich zu offenbaren, ist selbst Schuld, wenn er sich lächerlich macht. Eine Grundüberzeugung, die dort anzutreffen ist, wo die alltägliche Lüge als Ausdruck einer fragwürdigen Vernunft bewertet wird. Wir wissen doch, dass der Großaktionär und die vielen kleinen Anleger darunter leiden würden, sollten die Hersteller der Superautos bereit sein, die teure Harwarenachbesserung zu bezahlen. Der Erfolg unserer Schlüsselbranche steht auf dem Spiel. Meint ein Minister deshalb, dass die Kritiker das Prinzip der Marktwirtschaft nicht verstanden hätten? Gewiss, die vermeintlich Klugen und Gutbetuchten würden die Nachbesserung als Obolus für das System hinnehmen. Sie könnten sich das leisten und würden es auch mit Überzeugung vertreten. Mit der Überzeugung des aufgeklärten Bürgers, der die STabilität des Systems an die oberste Stelle rückt. Dafür auch ein Opfer bringen will. Und was ist mit denjenigen, die finanziell schwach sind und alle Nachteile ohne Aufzumurren hinnehmen sollen? Sie bleiben außen vor. Die Spaltung in Arm und Reich geht also weiter. Und auch das wird als normal empfunden. Jedenfalls von denen, die etwas zu sagen haben, es so auch als notwendige Konsequenz und richtiges Handeln darstellen.

Ich habe Angst!

Angst vor der schleichenden Entdemokratisierung. Vor dem Durchsetzen einer Politik und Weltanschauung, die schon von Orwell beschrieben wurde. Angst vor dem Verfall der Gewaltenteilung durch die Hintertür. Da tut sich was in den Hinterzimmern des Brauhauses der Politik. Über allen Entscheidungen steht das Postulat der Ökonomisierung. Die Großbanken sind bereits unantastbar. Sehen wir als mündige Bürger nicht, wie sich der Prozess entwickelt? Jetzt sollen wir uns wieder fügen und Ungerechtigkeiten einfach hinnehmen? Manche sprechen von Betrug. Ist dieser Vorwurf, der längst kein Verdacht mehr ist, denn so unbedeutend? Muss ich mein Verständnis von Gerechtigkeit hinterfagen, um die Staatsraison nicht zu gefährden? Warum zeigen die Politiker nicht endlich mal einen geraden Rücken und stellen sich auf die Seite des Volkes? Die Kosten für eine wirkungsvolle Nachrüstung stehen doch in keinem Verhältnis zu den Strafzahlungen, die die Hersteller an die USA zahlen müssen! Hier spätestens steht doch jede Zurückweisung eines gerechten Anspruchs in keiner Relation zur Wirklichkeit! Sind wir denn alle so blöd, dass wir uns das widerspruchslos gefallen lassen wollen? Nur um des Friedens Willen, im Konsens mit einer mächtigen Industrie, die einigen millionen Mitarbeitern Lohn und Arbeit gibt? Nur, um den guten Ruf, den die deutschen Produkte in der Welt hatten, jetzt nicht noch weiter zu verlieren? Wer hat hier Verantworung? Wer muss hier eigentlich handeln?

Der Austausch der Manager wäre machbar. Neue Führungskräfte könnten die Krise bewältigen. Der Verlust von Arbeitsplätzen wäre nicht zu befürchten. Neue Ideen und ein schnelles Vorankommen in der Produktion innovativer Produkte ist heute eine notwendige Praxis. Jedes Unternehmen erwartet diese Fähigkeiten zur Anpassung von jedem seiner Mitarbeiter, nur nicht von denjenigen, die in der oberen Etage das Sagen haben. Hier müssen Köpfe rollen, damit sich solche Vorgänge nicht wiederholen.

Leider bedrückt mich meine Erfahrung, die eher pessimistisch ist. Anzeichen einer Veränderung der Verhältnisse sind am Horizont nicht erkennbar. Und deshalb spüre ich durchaus die Zweifel. Sie nagen an mir: „Angst essen Seele auf!“

berndg42; 4. August 2017

Über berndg42

Jahrgang 1942, "die Wahrheit hat keine Lobby!" Hier noch eine Selbstdarstellung: Lieber Tristan, herzlichen Dank für die Nominierung! Mit so viel Aufmerksamkeit hatte ich beim Eröffnen meines Blogs nie gerechnet. Als ehemaliger Sachbearbeiter im Staatsdienst befasste ich mich jahrelang mit Verwaltungsdeutsch, mutierte dann aber als Pensionär zum Hobbyschreiber. Alles begann mit dem Beitritt zu einem Schreibverein. Doch der Zwang zum monatlichen Abliefern von Texten war mir bald zu anstrengend, wechselte deshalb zur „Lyrikecke.de“. Da poste ich heute noch die hier gespiegelten Beiträge, doch nicht alle. Und bei WordPress hat man die Möglichkeit, auch nachträglich beliebig oft Korrekturen zu machen. Ich bin also ganz Herr meines Blogs und bestimme selbst, was ich verantworten kann. Kommentare sind mir lieb, Bewertungen von Beiträgen anderer Blogger aber fallen mir nicht leicht. Denn um gerecht zu sein, muss man sich tief einarbeiten. Und dazu fehlt mir die Zeit, weil ich noch mit vielen anderen Dingen beschäftigt bin. Große Freude habe ich mit Grundschülern der Jahrgansstufe vier. Sie lernen bei mir, wie Technik unseren Alltag bestimmt und welche Bedeutung das naturwissenschaftliche Wissen und seine Anwendungen für unsere Zukunft haben. Auf einer eigens dafür eingerichteten Website: http:quietscheradio.de kann man sich über meine Aktivitäten informieren. Die Lehrkräfte in Grundschulen sollten mehr Anerkennung und Unterstützung durch die Gesellschaft erfahren! Die politischen Institutionen kümmern sich nicht genug um die Anforderungen unserer Zeit. Sie reagieren eher träge auf notwendige Anpassungen und konzentrieren sich vorwiegend auf die Erfüllung aktueller Wünsche der Bürger in konservativer Weise, leider ohne kreative Weitsicht in ihren Entscheidungen. G8 oder Bologna-Reformen bieten Stoff für Schlagzeilen, aber helfen nicht wirklich Schülern und Studierenden. Sie sind Themen für die spekulative Sammlung von Wählerstimmen, oft nicht mehr als Stimmungsmache. Die Wirtschaft schielt nach Nachwuchs aus dem Ausland. Manchmal frage ich mich, ob wir denn wirklich alle so blöd sind, weil wir uns solche Unfähigkeiten der Verantwortlichen gefallen lassen. Gegen den unerträglichen Egoismus, den man heute überall erkennen kann, hilft nur, selbst die Dinge in die Hand zu nehmen. Dazu habe ich mich im Alter entschlossen. Und es tut gut, Sinnvolles zu tun. Vielleicht finden sich ja Mitmacher. Deshalb hier mein Weckruf für mehr soziales Verhalten und freiwillige, unentgeltliche Leistungen. Herzlichen Gruß und viel Erfolg mit Deinem Blog; Bernd
Dieser Beitrag wurde unter Lyrik veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse einen Kommentar